Kirschenplotzer


Blog-Event XXXVII - Sentimental journey - Essen angestaubt

Als ich die Aufgabe las, wusste ich erst gar nicht, was ich da bloggen sollte. Die Vergangenheit ist ja schon soo weit weg.

Dann saß ich bei meinem 93jährigen Vater auf dem Balkon und sofort kamen die Erinnerungen nur so hoch, dass ich am Ende Probleme hatte, wofür ich mich entscheiden sollte. Ich kramte in den alten Rezepten meiner Mutter und entschied mich dann für den Kirschenplotzer, den wir als Kinder immer so gerne zum Mittagessen in der Kirschenzeit aßen – sehr zum Leidwesen unseres Vaters, der eher für etwas Anständiges war, sprich Fleisch, Kartoffeln und Gemüse. Für dieses Gericht musste man nur vom Balkon die Kirschen pflücken, denn der Baum reichte direkt an den Balkon. Für uns Kinder war das damals supertoll, konnten wir doch die Kirschen essen und uns dann im Weitspucken üben.

Dieses Gericht wurde früher immer mit frischen Kirschen gemacht, erst mit Süß-, dann mit Sauerkirschen und war immer eine Heidenarbeit, denn die Kirschen sollten ja entsteint sein, Weitspucken war bei Tisch nicht erlaubt! Der Kirschenplotzer wurde mit einer Vanillesauce serviert, vielleicht gab es zuvor auch eine Kartoffelsuppe, aber da bin ich mir nicht mehr sicher.

Da die Kirschbäume heute nicht mehr existieren und die Kirschzeit in der Pfalz längst vorbei ist, geht man in den Supermarkt und kauft entsteinte Kirschen im Glas.
Diesen Kirschenplotzer habe ich heute zusammen mit meiner Schwsester hergestellt. Während er im Backofen war, haben wir zu Abend gegessen: Serrano-Schinken mit Feigen-Chutney à la Chili und Ciabatta, Spinat-Salat mit Rote Beete-Sprosssen und Feigen mit Ziegen -Frischkäse à la Bolli. Wir hatten nette Gepräche und gutes Essen. Zum Schluss gab ich meiner
Schwester einen Kirschenplotzer mit nach Hause.
Ich versuchte, den kleinen „meinen“ für ein Foto optimal zu plazieren, da kam ein Telefonanruf: „er schmeckt einfach köstlich“ –
so ist das , wenn man in der Vergangenheit schwelgt.
Danke Jutta!

Zutaten
4 altbackene Broetchen
3 Eier – Eiweiss zu Schnee
375 ml Milch
500 Gramm entsteinte Kirschen
1/2 Essl. Zimt
1 Essl. Kirschwasser
1 Vanillezucker
100 Gramm Haselnuesse, geroestet
90 Gramm Zucker
75 Gramm Butter
Broetchen mit der Brotschneidemaschine in feine Scheiben schneiden, dann dritteln. Mit heisser Milch uebergiessen, ruhen lassen. Butter und Zucker schaumig schlagen, Eigelb nach und nach dazugeben, ebenso Kirschwasser, mit geroesteten Haselnuessen und Vanillezucker und Zimt mischen. Eischnee unterheben und in gebutterte Auflaufform fuellen. 1 bis 1 1/2 Stunden bei Mittelhitze backen.
Quelle: Hedwig Kuppinger
Datum: 13.08.2008
Erfasser: Ursula Hollaender

Die Zutaten

Vorbereitung

Es duftet

Das Orginalrezept

12 Antworten auf „Kirschenplotzer“

  1. Dies Event ist einfach genial – es kommen so unsagbar viele Erinnerungen hoch! – Ich kenne das auch als Kirschenplotzer, hab es aber noch nie selbst gebacken; das wird jetzt nachgeholt!

  2. @ Andrea: Ich habe ihn bei 180 Grad Ober und Unterhitze gebacken. Du hast recht in der Pfalz sagt man :“Kerscheplotzer“, das Rezept meiner Mutter stammt von einer Bekannten aus Altlußheim, also „über dem Rhein“ und war auch mit Kirschenmichel überschrieben.

  3. mmmh,daran erinnere ich mich auch noch gut! Eine halbe Ewigkeit habe ich schon keinen „Kerscheplotzer“ mehr gegessen. Den will ich auch mal probieren. Aber verrätst du mir bitte, was du genau mit Mittelhitze meinst? Ich bin nicht so der Profi, was backen betrifft und wäre für eine Gedankenstütze dankbar.
    Liebe Grüße
    Andrea

  4. @ Jutta: da sind wir bezüglich des Einweckens gleichermaßen sozialisiert,wir hatten auch die Reihen von Gläsern im Keller: erst waren es die Sauerkirschen, dann die Mirabellen, dann die Pflaumen, die Reineclauden….und die viele Marmelade die zudem noch gekocht wurde! Dazwischen das Gemüse, das zur täglichen Versorgung da war- dann wurde auch noch Obst und Gemüse eingefroren: Erdbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren, Bohnen…. Aber nach getaner Arbeit war man stolz, obwohl ich den gepflegten Rasen mancher Mitschüler durchaus neidisch betrachtete!
    Heute betreibe ich das Ganze hobbymäßig: ich freue mich in unserem Garten am Wachstum „einer“ Gurke, der Tomaten; die Chillis und die ganzen Kräuter sind mir wichtig – unsere Feigen manchmal lästig, aber die Kiwis, so pflegeleicht, sind das größte Vergnügen.

  5. Liebe Ursula,
    ich habe zu danken für Deine Teilnahme am Event und diesen so schön dokumentierten Beitrag. Wie Barbara habe ich von dem Gericht schon gehört, aber noch nie gegessen. Das soll sich aber bald ändern. Toll finde ich auch, dass es so schön zur Resteverwertung genutzt werden kann. Da ich niemals Brot wegwerfe, ist das eine schöne Alternative zu Semmelbröseln.

    Dass Du bei und mit Deinem alten Vater auf dem Balkon sitzen kannst, ist ja zu schön! Übrigens haben wir den gleichen Fischhändler – den Zimtfisch findet man hier im Haushalt auch 😉

    Was das Entsteinen der Kirschen angeht: ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo die Familie vor Eimern mit Sauerkirschen saß, eine schwarze Haarnadel in der Hand, und entsteinte, was das Zeug hielt. Die Kirschen wurden dann eingekocht – war das eine Arbeit! Aber es war auch schön, so beieinander zu sitzen, zu reden und dabei emsig zu sein. Es wurde viel gelacht und abends wußte man, was man getan hatte. Am nächsten Tag, wenn die Gläser in Reih‘ und Glied im Keller standen, da war sogar ich als Kind ein wenig stolz. Vielen Dank nochmal für die schöne Reise.

  6. @Kulinaria Katastrophalia: auch mit diesen Gerätschaften ist das Entkernen eine Sauerei…. Überall rote Spritzer, da sind die Sauerkirschen schlimmer als die Herzkirschen!

    @ Herma: da werde ich mal weiter in diesen alten Kochbüchern lesen, vielleicht findet sich ja noch etwas Interessantes….

  7. Das Ganze heißt doch Sentimental Journey, also reicht eine Erinnerung nicht aus. Der Kirschenplotzer war köstlich, leider ist er schon gegessen. Ich helfe gern bei der Zubereitung der weiteren Erinnerungen, natürlich auch bei der Vertilgung!!!!!!!!

  8. @Airportibo: Du liest sehr aufmerksam. Das muss natuerlich Zimt heissen und die Mengenangabe ist, wie bei Kirschwasser Essloeffel. Danke!

  9. Schön! Auch wieder schöne Erinnerungen und ein Rezept, von dem ich zwar schon gehört hatte, aber mehr nicht. Ist notiert.

    Im Kirschenweitspucken bin ich übrigens auch gut! 😉

  10. Selbst mit der Hand Kirschen entkernen, daran erinnere ich mich auch noch! Was für eine Sauerei…

    Aber wofür brauchst Du den halben Teelöffel extra Kirschen bei den Zutaten? 🙂

Kommentare sind geschlossen.